Bericht
Exportkontrolltag

12. Exportkontrolltag 2018

Herausforderungen in der Außenwirtschaft

Wie verhält sich die Exportkontrolle in einem internationalen Umfeld, in welchem die Konstanten ab- und die Unsicherheiten zunehmen? Welche neuen Herausforderungen ergeben sich durch die immer komplexeren Konfliktlagen und einer im Ergebnis immer unsicherer erscheinenden internationalen Gemeinschaft? Unter diesen Fragestellungen fand am 22. und 23.03.2018 im Berliner Maritim-Hotel der 12. Exportkontrolltag statt, welcher auch in diesem Jahr vom Zentrum für Außenwirtschaft der Universität Münster (ZAR) gemeinsam mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ausgerichtet wurde.

Prof. Dr. Dr. h.c. Dirk Ehlers, ZAR Münster, begrüßte die über 500 Teilnehmer des diesjährigen Exportkontrolltages. Auch in diesem Jahr bilde man mit mehr als 330 Exporteuren und mehr als 100 Behördenvertretern sowie Interessenten aus diversen anderen Bereichen ein »illustres Publikum«. Man habe zudem einen neuen Rekord bei den Teilnehmerzahlen erreicht. Dies sei ein Beweis für das große Interesse an den Themen des Exportkontrolltages. In Anlehnung an den Titel der diesjährigen Veranstaltung wies er darauf hin, dass sich zwar die Verschärfung politischer Krisen schon längere Zeit beobachten ließe, dass jedoch durch die neu ausgerichtete amerikanische Handelspolitik neue Herausforderungen zu verzeichnen seien. Weiterhin rücke der Brexit näher, ohne dass die tatsächlichen Konsequenzen schon zu erkennen seien.

Andreas Obersteller, Präsident des BAFA, begrüßte im Anschluss daran ebenfalls die Teilnehmer an diesem »winterlichen Frühlingstag« zum bisher größten Exportkontrolltag. Er wies darauf hin, dass die Exportkontrolle schon immer eng verzahnt mit den Rädern der Weltpolitik gewesen, dass das Getriebe jedoch komplexer geworden sei. Über die Export-, insbesondere die Rüstungskontrolle würde auch zurzeit wieder lebhaft in den Median und auch im Zusammenhang mit dem neuen Koalitionsvertrag debattiert. Dies sei zu begrüßen, da die Exportkontrolle öffentlicher Diskussion bedürfe. Das BAFA beobachte neue Unsicherheiten auf Seiten der Unternehmen, sei es wegen veränderter Sicherheitslagen oder hoch komplexen Regelungen. Zu beachten sei, dass die Ziele des AWG sich auf das friedliche Zusammenleben der Völker richteten. Wenn diese gefährdet seien, müsse über eine Neujustierung des Kontrollsystems nachgedacht werden. Abschließend gab er einen Überblick über das bevorstehende Programm und wünschte den Teilnehmern eine erfolgreiche Veranstaltung.

Politikforum I

Dr. Tilo Klinner, Auswärtiges Amt, wies zu Beginn darauf hin, dass das Thema Menschenrechte in der Exportwirtschaft »kein Neuland« darstelle. Die Beachtung von Menschenrechten im Empfängerland spiele schließlich bei der Genehmigungserteilung eine herausragende Rolle. Er wolle den Teilnehmern heute jedoch eine weitere Verbindungslinie zwischen Wirtschaft und Menschenrechten aufzeigen, die bisher noch nicht vergleichbare Beachtung gefunden habe, namentlich der sog. Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (»NAP«). Dieser fokussiere sich auf die dem Export vorgelagerte Frage, wie Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechten in ihren weltweiten Zuliefer- bzw. Wertschöpfungsketten beachten können. Die sich hieraus ergebende Sorgfaltspflicht beziehe sich grundsätzlich auf alle Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Tätigkeitsbereich, wenngleich je nach Branche gewisse Unterschiede bestünden. Sie gelte zusätzlich zu den restriktiven Bestimmungen beim Rüstungsexport. Sie sei auch Bestandteil der geplanten Reform der europäischen Dual-Use-VO. Die Bundesregierung unterstütze diese Ausrichtung ausdrücklich, wolle gleichzeitig jedoch auch den Unternehmen helfen ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen. Dies gehe auch aus dem neuen Koalitionsvertrag hervor. Der NAP selbst ziele darauf ab die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte im nationalen Rahmen zu implementieren. Hierbei seien die Staaten zwar die primär völkerrechtlich Verpflichteten, jedoch würden in einem weiteren Schritt genauso diejenigen Unternehmen in die Verantwortung genommen, die sich international betätigen und sich diesbezüglich nicht in einem »rechtsfreien Raum« bewegen dürften. Der NAP, welcher die Qualifikation von Unternehmungen für das Instrumentarium der Exportkreditgarantien und Investitionsgarantien an die Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht binde, verlange von den Unternehmen, dass diese zunächst eine menschenrechtliche Risikoanalyse durchführen sowie im Anschluss daran Maßnahmen der Prävention sowie der Mitigation innerhalb der Lieferkette unternehmen. Zusätzlich kämen Berichtspflichten hinzu. Auf staatlicher Seite stünden diesbezüglich hinreichende Unterstützungsmöglichkeiten bereit. Zusätzlich sei auch ein Monitoring Bestandteil des vorgesehenen Systems, welches sich nach dem Prinzip »comply or explain« richten werde. Abschließend wies er noch einmal auf die positiven Wirkungen des Menschenrechtsschutzes im internationalen Wettbewerb hin - auch für die Unternehmen selbst.

Dr. Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, berichtete von einer starken russischen Mobilisierung nach innen wie außen. Als Basis nahm er hierfür zunächst Bezug auf die vergangene Wahl in Russland, die eine der »am besten organisiertesten und durchorchestriertesten Wahlen« gewesen sei. Diese habe ein solides Fundament für die Fortsetzung der Politik Putins geschaffen, der - dies müsse man von deutscher Seite anerkennen - einer der beliebtesten Politiker in Russland sei. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass es keinen fundamentalen Widerstand gebe, sondern die Menschen auf Veränderungen »innerhalb des Systems« hofften. Die Beliebtheit Putins sei dabei seit 2014 von der ökonomischen Entwicklung abgekoppelt. Die Institutionen »Putin, Armee und Kirche« seien sehr beliebt. Gleichzeitig habe ein Elitenwechsel auf mittlerer Ebene stattgefunden, der zu einer Professionalisierung und Verjüngung geführt habe. Insgesamt wolle Russland unabhängiger vom Ölpreis werden und investiere um die innerstaatliche Nachfrage zu steigern. Hinsichtlich der Außenpolitik wies er darauf hin, dass der Konflikt mit Westen eine Mobilisierungs- und Legitimierungsfunktion habe, ohne dass eine Eskalation angestrebt werde. Die aktuelle Hysterie in den USA sowie GB stärke die russische Solidarisierung. Eine Blauhelm-Mission im Donbass sei mehr ein Strategie- als ein Politikwechsel. Das Ziel Russlands in Bezug auf die Ukraine sei es, dessen Legitimation zu untergraben und den eigenen Einfluss aufrecht zu erhalten. Er unterstrich die Bedeutung der Sanktionen gegenüber Russland sowie die negativen Auswirkungen der US-Politik. Russland reagiere auf Schwächen des Westens, ohne selbst stark genug für eine Führungsrolle zu sein. Im Rahmen der anschließenden Diskussion prognostizierte er auf Nachfrage, dass das Nord-Stream-Projekt umgesetzt werde, dass man sich auf europäischer Seite jedoch noch nicht hinreichend über die enorme Spaltungskraft dieses Projektes im Klaren sei.

Norbert Drude, Präsident des Zollkriminalamtes, gab zu Beginn seines Vortrages einen Überblick über die Tätigkeitsfelder des Zollkriminalamtes wobei er positiv betonte, dass nur wenige Ermittlungsverfahren wegen Exportkontrollverstößen eingeleitet würden. Dies mache derartige Verstöße jedoch nicht weniger wichtig. In diesem Zusammenhang betonte er, dass der Gesetzgeber bei der Reform des Außenwirtschaftsstrafrecht in 2013 bei der Abgrenzung zwischen vorsätzlichen Handlungen und reinen »Arbeitsfehlern« in Unternehmen die richtigen Schlüsse gezogen habe. Weiterhin gab er einen Überblick über die gängigen Konstellationen, mit denen sich das Zollkriminalamt beschäftigt und benannte klassische Probleme, die sich in diesen Zusammenhängen stellen. Er zeigte dabei anhand eines Beispiels, wie sich ein scheinbar »harmloser Sachverhalt« als ein außenwirtschaftsstrafrechtlicher Fall herausgestellt hatte. In diesem Zusammenhang betonte er die Bedeutung eines präventiven Vorgehens des Zollkriminalamtes. Darüber hinaus skizzierte er das Vorgehen des Zollkriminalamtes in einem Ermittlungsverfahren und die Zusammenarbeit mit anderen Behörden. Anschließend ging er auf aktuelle Bedrohungslagen ein, wobei er insbesondere auf die Probleme im Zusammenhang mit dem Embargo gegenüber Nordkorea verwies. Ein Positivbeispiel sei das Wiener Übereinkommen in Bezug auf den Iran. Ein weiteres Negativbeispiel sei Pakistan. Das Zollkriminalamt versuche ein engmaschiges Netz bereitzustellen um Umgehungen zu verhindern und im Ergebnis auch die deutsche Industrie zu schützen. Unnötige Kontrollen seien dabei zu verhindern. Das Zollverfahren selbst biete hier auch Vereinfachungen, die, auch durch engere europäische Zusammenarbeit, zu erweitern seien. Insbesondere eine europäische Kooperation helfe Ineffizienzen zu überwinden.

Keynote-Vortrag

Im Rahmen des diesjährigen Keynote-Vortrages sprach Rich Ashooh, Assistant Secretary for Export Administration des Bureau of Industry and Security, über Herausforderungen der Exportkontrolle in einer globalisierten und technisierten Welt. Als drei Hauptthemenfelder, mit denen man sich beim Bureau of Industry and Security (BIS) beschäftige, benannte er neu entstehende Technologien, ausländische Direktinvestitionen sowie gegenwärtige politische Initiativen in den USA.

Mit Blick auf die Entwicklung neuer Technologien, verwies er insbesondere auf den Trend, wonach Investitionen in neue Technologien zu einem großen Teil aus dem privaten Sektor kämen, was einen frühzeitigen Zugriff der Exportkontrolle verhindere. Dies mache in Folge eine Entscheidung darüber, welche Technologien sicherheitsrelevanten Charakter aufweisen und einen möglicherweise erforderlichen Schutz schwierig. Das BIS versuche mit den Entwicklungen Schritt zu halten und eine eigene Kompetenz in diesem Bereich aufzubauen. In diesem Zusammen beschrieb er wie sich die Art und Weise der Exportkontrolle in Bezug auf den Transfer von Technologien in einer globalisierten Welt anpassen müsse. Im Hinblick auf ausländische Direktinvestitionen unterstrich er die große Bedeutung für die US-Wirtschaft. Gleichzeitig beschrieb er die Bedenken, welche im Bereich von sicherheitsrelevanten Technologien adressiert werden müssten. Hier ging er zum dritten Themenfeld über, wobei er auf politische Initiativen zur Zuständigkeitserweiterung von CIFIUS sowie die erforderlich gewordene Reform des Export Administration Act einging.

Zum Abschluss betonte er noch einmal die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit im Bereich der Exportkontrolle.

Politikforum II - Podiumsdiskussion Compliance

Die diesjährige Podiumsdiskussion betraf das Thema Compliance und wurde von Holger Beutel, BAFA, moderiert. Teilnehmer waren Sylvia Kainz-Huber, Deputy Head of Unit der GD Growth der EU Kommission; Prof. Dr. Bartosz Makowicz vom Viadrina Compliance Center der Europa-Universität Viadrina Frankfurt(Oder); Mahmut Sen, zuständig für Exportkontroll-Compliance bei der Siemens AG sowie Dr. Rolf Raum, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. Die Diskussion behandelte dabei Compliance im Allgemeinen, sowie das Whistleblowing im Besonderen und die spezifischen Fragen nach der Vorbildfunktion der Unternehmensleitung sowie den Vor- und Nachteilen von »Checklisten« gegenüber »reiner Aufmerksamkeit«.

Herr Dr. Raum äußerte sich zunächst zu den bußgeldmildernden Folgen von effektiven Compliance-Maßnahmen, wobei er ausdrücklich Werbung für diese Art der Würdigung machen wolle. Es bedürfe an dieser Stelle keines (neuen) Gesetzes. Es reiche die Berücksichtigung in den Strafzumessungsgründen. Dafür habe der BGH eine »Segelanweisung« geliefert. Beim Thema Whistleblowing wies er darauf hin, dass es hierbei immer auf den Einzelfall ankomme. Whistleblowing habe auch Schattenseiten wie bspw. ein mögliches Denunziantentum. Insgesamt könne es jedoch Teil eines effektiven Compliance-Systems sein. Die Vorbildfunktion sei Bestandteil eines gelebten Compliance-Systems und dies sei auch zentral für die rechtliche Würdigung. Zur Nutzung von Checklisten wies Herr Dr. Raum darauf hin, dass sich in Bezug auf die Dokumentation von Unternehmensentscheidungen ein kultureller Wandel vollzogen habe, der sich auch in den Strafverfahren widerspiegele. Insgesamt bestehe eine gewisse Gefahr einer Überbürokratisierung. Mit großer Sorge sehe er diesbezüglich mögliche Reformbestrebungen der neuen Koalition.

Frau Kainz-Huber äußerte sich zur Verbringungsrichtlinie im Bereich von Verteidigungsgütern,2 die mittlerweile in jedem MS umgesetzt sein muss und einen Standard für den Erhalt einer Zertifizierung etabliere. Mit dieser habe man die Schaffung eines Binnenmarktes für Verteidigungsgüter und mehr Wettbewerb in diesem Sektor angestrebt. Im Rahmen einer Evaluation habe man 2016 festgestellt, dass diese bisher nicht effektiv sei, was im Wesentlichen auf einen mangelnden Kosten-Nutzen-Effekt sowie mangelnden Kenntnissen der KMU in diesem Bereich zurückgeführt wurde. Man habe im Anschluss Änderungen entwickelt, jedoch werde die Umsetzung von nationaler Seite wenig unterstützt. Zum Whistleblowing bestätigte Frau Kainz-Huber, dass dies auch bei der Kommission ein vieldiskutiertes Thema, ein diesbezügliches Papier jedoch noch im Anfangsstadium sei. Zur Diskussion um die Vorbildfunktion verwies sie im Rahmen der Verbringungsrichtlinie auf die Pflicht zur Einführung einer »verantwortlichen« Person, die nicht nur auf dem Papier für die Durchsetzung von Compliance zuständig sein dürfe. Sie sei sich natürlich bewusst, dass diese »strenge Anforderung« für kleinere Unternehmen schwierig sein kann, wies jedoch darauf hin, dass das Erfordernis selbst auch bei den Mitgliedstaaten nie in Abrede gestellt würde. Zu den Checklisten verwies sie darauf, dass aus Sicht der Kommission die Entscheidung über die Detailgenauigkeit von Anforderungen den Mitgliedstaaten zukomme.

Für Prof. Dr. Makowicz ist Compliance ein bei Juristen wenig beliebtes Thema, vor allem da es wenig rechtliche Elemente enthalte. Es gehe hier mehr um die auch kulturelle Frage wie es im Rahmen einer Organisation gelingen kann, Menschen zur Einhaltung von Regeln zu bewegen. Ein effektives und effizientes Compliance-System müsse entlang der spezifischen Risiken durch entsprechende Elemente wirksam auf diese reagieren können und auch tatsächlich umgesetzt werden. Ein wichtiges Glied sei dabei der Compliance-Manager, der die Regelung »übersetzen« müsse und den Menschen im Unternehmen damit die Möglichkeit gebe die Regeln einzuhalten. Whistleblowing könne nach seiner Meinung zu einem effektiven Compliance-System gehören. Es müsse dafür aber auch fachgerecht sein. In Deutschland sei die Diskussion schon sehr weit fortgeschritten und in verschiedenen Kodizes enthalten. Im Hinblick auf die Vorbildfunktion der Führungsebene unterstrich er dessen Bedeutung und wies auf den Nachholbedarf bei Start-Ups hin. Checklisten seien grundsätzlich hilfreich, es komme aber auf jeweils maßgeschneiderte Maßnahmen an. Insgesamt entwickele sich Compliance sehr rasant und werde dabei zunehmend fester Bestandteil einzelner Regelungsregime, wie bspw. die Reform des AWG zeige.

Herr Sen stellte zu Beginn fest, dass Compliance wirksam sein müsse um effektiv zu sein und dies heiße auch, dass die gesetzlichen Regelungen nicht zu kompliziert sein dürften. Der Mitarbeiter müsse die an ihn gestellten Anforderungen verstehen können um sie umzusetzen. Das Unternehmen müsse die Risiken der jeweiligen Arbeitsbereiche ermitteln und entsprechendes Training anbieten. Insgesamt könne es nicht ausschließlich darum gehen Fehlverhalten »auf Null zu reduzieren«. Entscheidend sei, systematisches Fehlverhalten abzustellen. Beim Thema Whistleblowing wies er darauf hin, dass das Thema in der Exportkontrolle nichts neues sei. Ein grundsätzliches Problem bestehe bei Unterschieden in der Funktion der Mitarbeiter. Hierfür habe man ein eigenes System im Unternehmen. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit kam es ihm darauf an, dass hier auch die mittlere Ebene in der Verantwortung stehe. Bei der Diskussion um Checklisten betonte er, dass ein reiner Maßnahmenkatalog nicht ausreiche, da Compliance »in die Struktur des Unternehmens« Eingang finden müsse. Ein Katalog könne da nur unterstützen. Entlang des eigenen Risikoprofils bedürfe es jeweils maßgeschneiderter Instrumente.

Praxisforum III

Nachdem Prof. Dr. Wolffgang, ZAR Münster, die Teilnehmer zum zweiten Konferenztag begrüßte, berichteten Dr. Nils Weith, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie Georg Pietsch, BAFA, über den politischen Sachstand bei der Novelle der EG-Dual-Use-Verordnung und über die möglichen zukünftigen Entwicklungen. Herr Dr. Weith wies dabei zu Beginn darauf hin, dass es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine »hard facts« zur Beschlusslage gebe. Er knüpfte anschließend an die Vorschläge des Europaparlaments vom 17.01.2018 und das Trilog-Mandat3 an und berichtete zum einen, dass entgegen den menschenrechtlichen Erwägungen, welche die Kommission im Zusammenhang mit dem Dual-Use-Begriff vorgesehen hatte,4 kein Abstand von der klassischen Dual-Use-Kontrolle genommen werde. Bei begrifflichen Abgrenzungen im Bereich der Sicherheitstechnologie sei noch Klarstellungsbedarf. Erstmals habe das EP eine Definition für Due Dilligence vorgesehen. Beruhigt könne man auf Unternehmerseite nun durch Festschreibung des Erfordernisses einer organisatorischen Vorsorge sein. Es gebe also keine neuen Begriffe und damit Prüfmaßstäbe. Menschenrechtsbezogene Lücken sollen durch den von Deutschland befürworteten Listen-Ansatz adressiert werden. Allgemeine Kriterien fehlten aber leider weiterhin. Gute Nachricht sei, dass der menschrechtliche Catch-all vom Tisch ist. Dies gelte jedoch nicht für die Einführung einer möglichen Cyber-Catch-all. In Bezug auf Due Dilligence sei man von dem bisherigen Fahrlässigkeits-Ansatz etwas abgerückt. Der Gesetzgeber sei hier insgesamt gefordert Guidance zu liefern. Die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten solle durch stärkeren Austausch und durch Vereinheitlichungen verbessert werden. Eine Reduzierung der Gültigkeitsdauer werde vom EP, wie auch von Deutschland, nicht mitgetragen.

Daran anschließend, knüpfte Herr Pietsch komplementär an die menschenrechtlichen Erwägungen an, deren Hintergrund wohl die Unterdrückung von demokratischen Bestrebungen im arabischen Frühling auch durch europäische Sicherheitstechnologie gewesen sei. Hier wies er noch einmal darauf hin, dass es ein Erfolg sei, dass man von der vollständige Erfassung aller nicht gelisteten Güter Abstand genommen habe. Bei der Frage nach der erforderlichen Sorgfalt des Ausführers äußerte er sich kritisch zur sehr schwammigen Definition der Kommission. Es bedürfe hier einer klaren Definition. Es solle am Begriff der positiven Kenntnis festgehalten werden. Bei den Guidelines müsse man aufpassen, dass nicht neue Standards geschaffen würden. Dies gelte auch für den »schillernden« Begriff der »unverkörperten Technologietransfers«, welche im Rahmen der Reform geregelt werden sollen, jedoch noch nicht hinreichend klar durchdrungen seien. Insgesamt seien im technischen Bereich schon die Definitionen Gegenstand umfangreicher Diskussionen. Man müsse sich insgesamt überlegen, ob man Diskussionen zu sich rasant entwickelnden Technologien an der juristischen Interpretation eines Begriffes festmachen wolle. Abschließend ging er noch auf mögliche Änderungen im Genehmigungsbereich ein.

Praxisforum IV

Nach Begrüßung durch Herrn Pietsch berichtete zunächst Ernst Peter Fischer, Auswärtiges Amt, über aktuelle internationale Herausforderungen, wobei er vorausschickte, dass er dieses Jahr, mehr noch als im letzten Jahr, leider nur schlechte Nachrichten überbringen könne. Hierbei ging er zunächst auf die USA ein, wo man feststelle, dass sich trotz weiterhin enger Beziehungen das Verhältnis verändere. Als Beispiele nannte er neben dem Austausch von »Grown Ups« auf der Führungsetage auch den aktuellen Handelsstreit. An dieser Stelle ging er auf China ein. Dessen neue Stärke berge zunehmend auch Risiken. Als Beispiele nannte er die Seidenstraßen-Initiative sowie die Direktinvestitionen. Weiterhin sei das aggressive Auftreten in der Region und die zivil-militärische Integration und Aufrüstung besorgniserregend. In der Exportkontrolle müsse man hier ein wachsames Auge beweisen. Auch zu Russland gebe es nur schlechte Nachrichten. Nach dem anhaltenden Ukraine-Konflikt sei mit der Einmischung in Syrien ein weiterer trauriger Höhepunkt erreicht. Cyberangriffe, die Stationierung von Kurzstreckenraketen sowie der Giftanschlag in Großbritannien belasteten das Verhältnis zum Westen schwer. Man versuche im engen Austausch zu bleiben, aber hierzu müssten immer beide Parteien bereit sein. All dies führe letztlich auch dazu, dass die EU-Sanktionen gegenüber Russland auf lange Sicht hin nicht aufgehoben werden könnten. Die USA würden ihr Sanktionssystem in absehbarer Zeit sogar eher noch verschärfen. Aus Sicht der Exportkontrolle sei besonders die Türkei ein Problem und natürlich Syrien, wo eine katastrophale Lage herrsche und eine »unfassbare Missachtung der Menschenrechte« stattfinde. Auch die »merkwürdige« Katar-Krise sei noch nicht gelöst, in der Deutschland jedoch maximal als Vermittler auftreten wolle. In Saudi Arabien bestünden derzeit Chancen auf Reformen, allerdings sei das Land gleichzeitig treibende Kraft im Jemen, wo derzeit die weltweit größte humanitäre Krise ohne absehbarem Ende herrsche. Der Jemen spiele auch im Koalitionsvertrag eine Rolle, wobei er noch nicht sagen könne, welche konkreten Folgen sich hieraus ergeben. Der Koalitionsvertrag äußere sich zudem auch zur europäischen Exportkontrolle. Hier sei vor allem die Berücksichtigung der acht Kriterien bei der Prüfung von Rüstungsexporten von enormer Bedeutung. In dieser Legislaturperiode wolle man verstärkt an einer gemeinsamen, strengen Exportkontrolle mit gleichen Wettbewerbsbedingungen arbeiten, wobei man jedoch grundsätzlich an den acht Kriterien festhalten wolle. Abschließend ging er noch kurz auf das Iran-Abkommen ein und unterstrich, dass Deutschland ausdrücklich an dem Abkommen festhalten wolle. Man sehe die Änderungswünsche der USA kritisch, auch wenn man die außerhalb des Abkommens liegenden Probleme ernst nehme. Das Abkommen selbst jedoch funktioniere und enthalte mit dem sog. Beschaffungs-Kanal ein wichtiges Element, welches durch die deutschen Unternehmen unbedingt genutzt werden solle.

Im Anschluss berichtete Karl Wendling, BMWi, wie auch schon bei den vergangenen Veranstaltungen, über die aktuellen außenwirtschaftsrechtlichen Entwicklungen. Er wies zunächst darauf hin, dass die Investitions- und Exportkontrolle trotz gesteigerter Aufmerksamkeit wenig in den vergangenen politischen Verhandlungen stattgefunden habe. Die Exportkontrolle solle zwar »geschärft« werden. Man müsse jedoch einmal abwarten, was sich dahinter verberge. Für die Exportkontrolle gelte wieder einmal, dass die Bedeutung für die Masse der Bevölkerung nicht so groß sei, wie für die NGOs und andere politisch Engagierte. Im letzten Jahr habe es 60 parlamentarische Anfragen gegeben, von denen manche einen enormen Zeitaufwand mit sich brächten und oft nicht weiterführend seien. Als weiteres Thema ging er auf den nicht mehr ganz neuen Konsultationsprozess zur Zukunft der Rüstungskontrolle ein. Im Rahmen der Anhörungen habe man sich insbesondere mit der Beteiligung des Parlaments und mit Verbandsklagemöglichkeiten von NGOs gegen Genehmigungsentscheidungen des Exportkontrollrechts beschäftigt. Zu beiden Bereichen haben die Sachverständigen sich sehr kritisch geäußert. Diese Themen seien nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages und insgesamt aus seiner Sicht damit vom Tisch. Im Bereich des sog. Post-shipment sei das BAFA bisher bspw. nach Indien gereist und habe festgestellt, dass dort »alles in Ordnung« sei. Man wolle im Rahmen der Pilotphase weitere Kontrollen durchführen, allerdings habe man auch festgestellt, dass dieses Vorgehen nicht ganz einfach und sehr zeitraubend sei. Weltweit bereite die fehlende Trennung von militärischen und zivilen Gütern besondere Probleme, wobei hier insbesondere China und Russland zu nennen seien. Dies führte ihn zum zweiten großen Themenkomplex, der Investitionskontrolle. Dieser wachsende Bereich konzentriere sich auch auf Sicherheitsfragen und setze diesbezüglich bei Übertragungen durch Unternehmenserwerb an. China sei hier einerseits ein wichtiger Handelspartner, gleichzeitig sehe man eine Steuerung durch staatliche Investitionspolitik, die auf die Weltmarktführung in bestimmten Bereichen abziele. Hier setze die deutsche Gesetzgebung an, die jedoch immer noch moderat d.h. rechtlich begrenzt sei vor dem Hintergrund der Kapitalverkehrsfreiheit. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit sei hier eng auszulegen. Die vergangenen »spektakulären Übernahmen« haben jedoch eine gewisse Besorgnis ausgelöst, namentlich in Bezug auf nicht-marktwirtschaftlich gesteuerte Übernahmen in Bereichen mit möglicher militärischer Relevanz. Neue Meldepflichten und andere Neuerungen stoßen hier jedoch an ihre Grenzen, weshalb man zusammen mit Frankreich einen Vorstoß auf EU-Ebene unternommen habe. Die Kommission habe hier relativ zügig einen konkreten Vorschlag5 gemacht, der nun beraten werde. Trotz Bedenken einiger Mitgliedsstaaten, gehe man grundsätzlich von einer Mehrheit aus und hoffe bis Mitte des Jahres eine Einigung zu erzielen. Bis Ende des Jahres hoffe man eine Verordnung zu haben und auf vertiefte Prüfungsmöglichkeiten zugreifen zu können.

Danach berichtete Thomas Mazet, Bundesministerium für Finanzen (BMF), als Ersatz für die kurzfristig erkrankte Frau Mildenberger, über Aktuelles vom Zoll. Zu Beginn wies er dabei auf Wichtigkeit einer engen Zusammenarbeit der beteiligten Behörden in der Außenwirtschaft hin und benannte in diesem Zusammenhang die wichtigen Aufgaben des Zolls und ihren Niederschlag im letzten Jahr. In der letzten Zeit seien durch rechtliche Veränderungen neue Herausforderungen für die Unternehmen, aber auch für die Zollverwaltungen entstanden. Letztere versuche dabei Vereinfachungen herbeizuführen, sei aber dafür auf die Mithilfe der Unternehmen angewiesen. Aktuell erarbeite man ein IT-gestütztes Konzept, mit dem ein umfassendes Informationssystem geschaffen werden solle um ein effektives Risikomanagement zu ermöglichen. Als nächstes ging Herr Mazet auf die Einfuhr von Gütern aus Ländern wie Russland ein, bei denen gewisse Restriktionen bestehen. Problematisch sei bei derartigen Konstellationen, dass der Zoll erst im Moment der Einfuhr eine Prüfung vornehmen könne. Auch hier sei man trotz hoher Komplexität der Prüfung bestrebt Verzögerungen zu reduzieren. Unternehmen müssten hier auf die eng auszulegenden Ausnahmen und besonderen Risiken achten. Angesichts von allgemeiner Kritik aus der Wirtschaft an der Zollkontrolle, betonte er, dass diese nicht durch Compliance ersetzt werden könne. Die Zollkontrolle helfe auch den Unternehmen und ihren Mitarbeitern. Weiterhin unterstütze sie der Bundesrepublik dabei ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten. Letzteres werde auch von den Unternehmen verlangt. Anschließend ging er auf die konkreten Auswirkungen durch die rechtlichen Veränderungen im Rahmen des neuen UZK und seinen Durchführungsvorschriften ein, wobei insbesondere die technische Weiterentwicklung herauszustellen sei. Abschließend gab er noch einen Ausblick auf zukünftige neue Entwicklungen rund um den UZK, wobei er auch noch einmal auf die Auswirkungen des Brexits einging und die anwesenden Unternehmer um Mithilfe bei der Bewältigung kommender Herausforderungen bat.

Im letzten Vortrag des diesjährigen Exportkontrolltages informierte Holger Beutel über Neues aus dem BAFA. Hierbei ging er zunächst auf einzelne Änderungen im Bereich der Allgemeinen Genehmigungen, auf einige Ländererweiterungen sowie Konsolidierungen ein. Weiterhin wies er auf einen unionsweiten Konsultationsprozess6 hin, der sich mit dem unbestimmten Rechtsbegriff »besonders konstruiert für militärische Zwecke« beschäftige. Diesbezüglich habe man nun einen Entwurf für Guidelines entwickelt, an dem das BAFA maßgeblich beteiligt gewesen sei und den man nun veröffentlicht habe damit die Unternehmen diesen auf seine Tauglichkeit hin testen. Die unternehmerische Mitarbeit sei hier hierbei unerlässlich, weshalb er die anwesenden Unternehmer dazu auffordere, sich rege zu beteiligen. Der Entwurf lehne sich in gewisser Hinsicht an die amerikanische Definition an. Im Bereich Compliance wies er auf das neue Informationsblatt des BAFA7 hin. Auch hier sei man weiter an Feedback aus der Wirtschaft interessiert. In dieser Hinsicht begleite man auch einen UN-Prozess, den sog. Wiesbaden-Prozess. Im Rahmen der 5. Konferenz habe man hier im letzten Jahr zusammen mit der Unternehmerschaft eine Zusammenstellung bezgl. Due Dilligence-Anforderungen entwickelt. Anschließend informierte er noch über das Projekt zum elektronischen Kriegswaffenbuch sowie die neue Entscheidungssammlung in Kooperation mit dem Bundesanzeiger-Verlag. Abschließend warb er noch für eine Reihe zukünftiger Veranstaltungen zum Thema Export- und Rüstungskontrolle.

Prof. Wolffgang dankte den Teilnehmern des diesjährigen EKT für ihr kommen und gab bekannt, dass der nächste EKT am 07./08.03.2019 stattfinden soll. Er wünschte den Teilnehmern alles Gute in spannenden Zeiten und einen guten Heimweg.